Filme

Montag, 19. Februar 2007

Berlinale-Rückblick

Dank Prüfungsstress musste ich mich auf der Berlinale dieses Jahr etwas zurückhalten - so waren es 'nur' insgesamt sechs Filme, die ich mir anschaute. Auch diesmal waren wieder ein paar Highlights dabei, die ich euch nicht vorenthalten möchte.
Am ersten Samstag sah ich mir Substitute an, einen Dokumentarfilm von Fred Poulet über den französischen Ex-Fußball-Nationalspieler Vikash Dhorasoo und dessen Erlebnisse bei der WM in Deutschland, bei der er insgesamt etwa 20 Minuten zum Einsatz kam. Das Besondere an dem Film ist, dass er komplett mit Super 8-Kameras gedreht ist. Poulet gab Dhorasoo eine Kamera, damit er seine eigenen Eindrücke festhalten konnte; er selber durfte natürlich nicht mit ins Mannschaftsquartier und musste sich außerhalb mit Dhorasoo treffen. Vor allem, als sich Dhorasoo mit dem Status des Ersatzspielers abfinden muss, entwickelt der Film emotionale Kraft, die Super 8-Bilder unterstreichen die düstere Stimmung. Über die gesamten 72 Minuten gesehen ist es jedoch sehr anstrengend, den verwackelten und körnigen Bildern zu folgen. Ein Experiment, das nicht ganz aufgegangen ist.
Am Sonntag folgte Autopiloten, der Debütfilm von Bastian Günther. Vier Männer sind darin jeder für sich auf den Straßen des Ruhrgebiets unterwegs. Alle vier haben ziemliche S+++++s-Jobs: Einer ist Vertreter für etwas fragwürdige Geräte zur Altenpflege, die sich nicht sonderlich gut verkaufen, ein anderer ist Trainer von Schalke 04. Dann gibt es noch einen abgehalfterten Schlagerstar, der inzwischen hauptsächlich in Einkaufszentren und bei Betriebsfesten auftritt, und einen freischaffenden Kameramann, der auf der Jagd nach spektakulären Bildern den Polizeifunk abhört. Alle vier haben auch private Probleme, die ihnen zu schaffen machen. Es entwickelt sich ein ruhiger, tragikomischer Episodenfilm, den ich nur empfehlen kann.

Als nächstes war Ci-Qing (engl. Spider Lilies) an der Reihe: Eine Liebesgeschichte zwischen einem Mädchen, das im Internet gegen Geld Live Strip Shows zeigt, und einer ein paar Jahre älteren Tätowiererin. Die beiden kennen sich schon seit der Kindheit, nun wünscht sich die Jüngere dasselbe Tattoo, das die Ältere hat. Das Ganze spielt vor dem Hintergrund einer Familientragödie, die immer wieder durch Flashbacks thematisiert wird. Ehrlich gesagt habe ich nicht jede Szene des Films verstanden - gefallen hat er mir trotzdem.
Am Abschlusswochenende war ich noch 3-mal im Einsatz: Zunächst Samstagmittag beim japanischen Film Kain No Matsuei. Er handelt von einem Mann, der für den Mord an seiner Mutter jahrelang im Gefängnis saß und nach seiner Entlassung eine Arbeit bei einem heruntergekommenen Kleinbetrieb in der Industriestadt Kawasaki findet. Da er auch im Betrieb wohnt, entwickelt sich eine klaustrophobische Geschichte, in der der Protagonist durch einen nicht ganz sauberen Nebenjob auf Abwege gerät: Er soll TV-Fernbedienungen zu Schusswaffen umrüsten. Kain No Matsuei ist ein düsterer, auswegloser Film, der Liebhabern dieser 'Sparte' des asiatischen Kinos mit Sicherheit gefallen dürfte. Ich fand ihn jedenfalls gut.

Samstagabend gabs dann mein persönliches Highlight, gleichzeitig auch stimmungsmäßig eine ziemliche Abwechslung: Die sehr witzige Manga-Verfilmung Dasepo Sonyeo (engl. Dasepo Naughty Girls). Nach der Lektüre des offiziellen Berlinale-Programms dachte ich, dies sei einfach nur ein frecher High School-Film aus Korea; das Ganze war dann aber noch viel abgedrehter, denn in der "No Use High"-School gehen sehr merkwürdige Dinge vor sich. Wenn ihr die Chance habt, solltet ihr euch diesen Film nicht entgehen lassen: Superwitzig, poppig-bunt, aber auch mit viel Liebe und Hirn gemacht.
Am Abschluss-Sonntag war ich dann in meinem einzigen Wettbewerbsfilm, Yella von Christian Petzold mit Nina Hoss, die dafür den Silbernen Bären gewann, und Devid Striesow. Nina Hoss spielt eine Frau, die wegen einem Job aus der Nähe von Wittenberge in den Westen geht. Dabei lässt sie auch ihren psychotischen Freund zurück und lernt in Hannover einen geschäftstüchtigen Yuppie (Striesow) kennen. Aber auch diese Beziehung bleibt nicht lange sorgenfrei. Zuviel kann ich nicht verraten, falls sich jemand diesen Film anschauen will. Über weite Strecken ist Yella ein gut gespielter Film über Geld und Liebe und das Verhältnis zwischen beidem, aber nicht etwa ein Feel Good-Movie, sondern eher tragisch-melancholisch.
Das Ende wirkt für mich dann aufgesetzt, es fehlt irgendwie die Beziehung zum Rest des Films. Trotzdem alles in allem sehenswert.

Samstag, 7. Oktober 2006

Märchenstunde

Auch ich bin dem Hype gefolgt und habe mir gestern den lange angekündigten WM-Film, Sönke Wortmanns "Deutschland - Ein Sommermärchen", angeschaut, obwohl eigentlich schon viel zu viel vorab im Fernsehen gezeigt worden war. Wer sich die (wenigen) Überraschungen des Films nicht nehmen lassen will, sollte also vielleicht erst nach dem Kinobesuch weiterlesen.
Oder man überlegt sich den Besuch auch nochmal. Denn wer erwartet, dass dabei nochmal richtig WM-Stimmung aufkommt, sieht sich über weite Strecken getäuscht (ok, ist meine persönliche Meinung). Der Film beginnt mit Trauerszenen aus der Kabine nach dem verlorenen Halbfinale, springt dann zurück ins Trainingslager nach Sardinien und arbeitet das Ganze chronologisch auf.
Sönke Wortmann versucht dabei deutlich, sich mit filmischen Mitteln vom Fernsehen abzugrenzen, was allerdings ein Hauptgrund dafür ist, dass bei den Spielszenen keine rechte Stimmung aufkommen will. Die unterlegt er nämlich mit der immer gleichen, eher langweiligen Musik, so dass keine Stadionatmosphäre aufkommt (Ausnahme: 2x wird kurz der Fernseh-Kommentar drübergelegt). Über den 'künstlerischen' Schnitt der Szenen kann man auch streiten. Szenen, die man schon aus dem Fernsehen kennt, wie die jubelnden Klinsi und Jogi, lässt er weg, obwohl das m.E. zur Atmosphäre einfach dazu gehört. Die Feierszenen aus der Kabine oder danach kommen einem auch seltsam verhalten vor (Ausnahmen: Nach dem Argentinien- und dem Portugal-Spiel), aber da hätte man wohl eher von den Spielern mehr erwartet.
Natürlich versucht Wortmann auch, von seiner Insider-Perspektive zu profitieren, er durfte ja (fast) überall mit rein, nur Oli Neuville wollte ihn nicht mit auf Toilette lassen. Gerade von den Hotel-, Bus- usw. Szenen hätte ich aber auch mehr Witziges erwartet. Aber man merkt deutlich: Fußballspieler sind in der Regel eben keine (guten) Komiker, auch die Schweini und Poldi-Auftritte find ich nur mäßig witzig.
Es gibt halt wenige wirklich tiefergehende Einblicke; vieles hätte man sich so ähnlich auch vorgestellt. Interessant auf jeden Fall die Diskussion im Spielerkreis, ob man sich nach dem Spiel um Platz 3 noch gemeinsam in Berlin von den Fans verabschieden soll. Die (Ex-)Bayern Michael Ballack und (natürlich) Olli Kahn waren dagegen - zu viel Aufwand. Meine Lieblingsszene ist, als Thorsten Frings zu spät zum Angie-Besuch kommt.

Um nicht missverstanden zu werden: Wer bei der WM mitgefiebert hat, KANN sich den Film durchaus anschauen. Es gibt einige nette Szenen, einige Lacher. Wortmann zeigt die WM aus der Perspektive der Mannschaft, weswegen auch nur hin und wieder Bilder von jubelnden Fans zu sehen sind, am meisten nach dem Spiel um Platz 3 in Stuttgart. Was ich prinzipiell für ein gutes Konzept gehalten habe, nur ist es halt nicht so richtig aufgegangen, weil der Blick hinter die Kulissen doch nicht so spannend ist, wie man gedacht hätte, und weil durch die Eitelkeit von Wortmann, der halt unbedingt auch noch einen kinematographisch wertvollen Film machen wollte, die Atmosphäre bei den Spielen draußen bleibt.

Mittwoch, 22. Februar 2006

Berlinale-Rückblick

So, die 56.Berlinale ist jetzt auch wieder vorbei, und ich habe mein Pensum nochmal gesteigert gegenüber letztem Jahr. Auf die Wettbewerbs-Beiträge habe ich mit einer Ausnahme verzichtet, man steht ja auch so schon lange genug an für Karten, und im Übrigen kann man davon ausgehen, dass die eh alle in absehbarer Zeit ins Kino kommen. Hier also mein persönlicher Rückblick, und nach einigen Filmen lohnt es sich echt, Ausschau zu halten:
Los ging es mit Close to Home, einem israelischen Film über zwei junge Frauen, die ihren Wehrdienst ableisten und dabei gemeinsam auf Patrouille durch Jerusalem gehen müssen. Die beiden sind ziemlich gegensätzliche Charaktere und der Film handelt von ihrer Beziehung zueinander, ohne dass dabei der Hintergrund, der Nahostkonflikt, zu kurz kommt. Ein sehr sympathischer persönlicher und zugleich politischer Film. In John & Jane, einer indischen Produktion, geht es um mehrere Mitarbeiter eines Call Centers in Bombay/Mumbai, die dort in erster Linie für westliche Firmen und westliche Kunden arbeiten. Der Film ist dokumentarisch, aber filmisch so gut und stimmig gemacht, dass man nicht merkt, ob manche Szenen nicht vielleicht doch (nach)gespielt sind. Auch die Musik, u.a. von den Elektronik-Produzenten Thomas Brinkmann und Metamatics, trägt dazu bei, dass John & Jane für mich eins der Highlights der Berlinale war.
Am darauffolgenden Tag ließ ich es etwas ruhiger angehen, und sah mir nur den 50-minütigen italienischen Dokumentarfilm Inatteso an, der vom Schicksal afrikanischer Bootsflüchtlinge in Italien handelt. Der Film zeigt v.a. den Alltag der Flüchtlinge in provisorischen, halb-legalen Unterkünften irgendwo in Italien und kommt dabei ohne Kommentar und mit nur wenigen Interviews aus. Vom Thema her war Inatteso sicherlich sehenswert, vom Filmischen her fand ich ihn etwas spröde und auch die exemplarische Darstellung dreier Flüchtlingsschicksale mit Hilfe einer Art Theaterszene vor historischer römischer Kulisse wirkte etwas bemüht.
The Peter Pan Formula ist ein koreanischer Spielfilm über einen 16jährigen, dessen alleinerziehende Mutter einen Selbstmordversuch unternimmt und danach ins Wachkoma fällt. Der Junge muss nun für seine Mutter sorgen, ist allein zu Hause und verliebt sich in eine verheiratete Nachbarin. Was sich erstmal nicht uninteressant anhört, entwickelt sich mehr und mehr zu einem etwas mit Symbolen überfrachteten Film, was sich schließlich auch daran zeigte, dass der anwesende Regisseur sich nach der Vorführung erstmal genötigt sah, das Ende des Films ausführlich zu erklären.
Am nächsten Tag war ich wieder deutlich zufriedener. Zunächst sah ich In Between Days, einen ruhigen amerikanisch-koreanischen Film über ein koreanisches Mädchen, dass mit ihrer Mutter nach Kanada ausgewandert ist. Dort hat sie einen guten Freund, in den sie sich verliebt, was sie sich aber nicht auszusprechen getraut. Der Film spielt vor winterlicher Kulisse in Toronto, Stimmungen und Gefühle sind der Regisseurin fast noch wichtiger als Handlung, was einen wie gesagt sehr ruhigen, aber doch symapthischen Film ergibt, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob er wirklich den Kritikerpreis für den besten Forum-Film verdient hat.
Am Abend gab es dann We Can't Go Home Again, einen japanischen Film, der in Tokyo spielt und den teilweise recht ungewöhnlichen Alltag von fünf jungen Leuten zeigt. Teilweise wurde hier auch improvisiert, die Story-Ideen kamen teils von den Darstellern selber, herausgekommen ist ein sehr schöner, episodenhafter Film über das Großstadtleben und die Vielfalt zwischenmenschlicher Beziehungen darin. Auch der Regisseur und die fünf Hauptdarsteller, die nach dem Film alle noch bei der Fragerunde anwesend waren, machten einen sympathischen Eindruck.
Am Mittwoch sah ich meinen einzigen Wettbewerbsfilm im Berlinale-Palast, mit rotem Teppich, Stars und allem. Es lief die australische Produktion Candy mit Heath Ledger, der ja als ein Oscar-Favorit für seine Rolle in Brokeback Mountain gilt. Hier spielt er an der Seite von Abbie Cornish, die beiden sind im Film ein junges Paar, das in die Drogensucht abgleitet. Kein neues Thema, aber gelungen umgesetzt mit überzeugenden schauspielerischen Leistungen.
Die größte Enttäuschung war mit Sicherheit der neue Film von Takashi Miike, Big Bang Love, Juvenile A. Natürlich ist man von Miike Abgedrehtes gewohnt, aber bei dieser sehr stilisierten Produktion über junge Straftäter in einem Gefängnis, in dem es zu einem Todesfall kommt, stimmt nur sehr wenig. Der Film verlässt sich viel zu sehr auf die Bildsprache, gleitet teilweise in fast schon esoterische Passagen ab, wohingegen der 'Whodunnit'-Teil, die Krimihandlung, viel zu wenig stringent umgesetzt ist. Nichts gegen ungewöhnliche, experimentelle Ansätze, aber das war mal gar nix.
Die Berlinale endete für mich am Sonntag natürlich mit Fußball. Der in der 'Perspektive Deutsches Kino' gezeigte Dokumentarfilm Warum Halb Vier? von Lars Pape zeigt auf überzeugende Weise, was es heißt, Fußballfan zu sein. Es wirken darin sowohl prominente als auch nicht-prominente Fans von verschiedenen deutschen Vereinen mit, auch diverse Fußball-Profis und Manager kommen zu Wort. Was den Film sympathisch macht, sind vor allem seine witzigen und melancholischen Momente. Also ein echt netter Berlinale-Ausklang. der auch gleich wieder Lust auf den nächsten Spieltag macht.

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